Modernste W&H Organisationsprinzipien in Zahnarztpraxen
Dass Dentalhersteller und Zahnärzte im engen fachlichen Austausch stehen, ist Standard. Dass man dabei in erster Linie an den fachlichen Austausch auf dem Gebiet der modernen Zahnheilkunde denkt, liegt auf der Hand. Wirft man jedoch einen genaueren Blick auf die verschiedenen Rollen von Zahnärzten, so wird schnell klar, dass diese nicht nur im medizinischen Bereich gefordert sind. Dr. med. dent. Olaf Klewer MSc sieht sich als Geschäftsführer von vier Zahnarztpraxen nicht nur als Mediziner, sondern auch als Manager und Unternehmer.
Interview mit Dr. Olaf Klewer
In diesen Funktionen gehört es zu seinen Aufgaben, sich sowohl mit den wirtschaftlichen Kennzahlen als auch mit den Strukturen seiner Praxen auseinanderzusetzen. Wertvolle Inputs holt er sich dabei vom Unternehmen W&H Dentalwerk Bürmoos in der Nähe von Salzburg.
Betriebswirtschaftliches Know-how
Herausforderungen Praxismanagement
Prozess- und Organisations-Know-how von W&H
Modernste Organisationsprinzipien und eine stückgenaue Produktion des täglichen Kundenbedarfs sorgen beim österreichischen Hersteller seit vielen Jahren für höchste Wirtschaftlichkeit in der Fertigung und Logistik. Durch Übertragung der modernen Organisationsgrundsätze auf die Tochterunternehmen, Lieferanten und Importeure gelingt es W&H, seine Kundenorientierung am globalen Dentalmarkt weiter zu stärken.
In Kooperation mit Dr. Olaf Klewer werden die modernen Grundsätze des W&H Tagesportionsprozesses erstmals auf Abläufe in Zahnarztpraxen angewendet. Durch die Zusammenarbeit mit den W&H Mitarbeitern gelingt es dem Aachener Zahnmediziner, Abläufe und Strukturen in seinen Praxen schrittweise zu vereinfachen und zu optimieren. In einem nachfolgenden Interview spricht Dr. Olaf Klewer über seine Rollen als Manager und Unternehmer und schildert seine ersten Erfahrungen sowie Erfolge in der Umstrukturierung seiner Zahnarztpraxen.
Sie leiten derzeit vier Zahnarztpraxen. Diese zählen insgesamt 25 Behandlungszimmer und
47 Mitarbeiter. Wie würden Sie Ihre Rolle als Unternehmer beschreiben?
Dr. Klewer: Grundsätzlich denkt man bei der Rolle des Unternehmers an Controlling, also konkret an Zahlen, Daten und Fakten. Wenn ich aber einem Mitarbeiter nun mitteile, welchen Umsatz er zu erzielen hat, wird er dies nicht entsprechend umsetzen können. Daher sehe ich meine Aufgabe als Unternehmer sehr stark darin, Strukturen zu implementieren. Einerseits, damit der Mitarbeiter genau weiß, was sind seine Aufgaben, was muss er konkret tun, was ist sein Tages- oder Wochengeschäft und andererseits, um am Ende einen Umsatz zu generieren. Denn Umsatz entsteht durch Strukturen.
Derzeit sehe ich mich noch in drei verschiedenen Rollen: als Zahnarzt, als Manager und als Unternehmer. Während es zum Tätigkeitsbereich des Managers gehört, einzelne Aufgaben zu optimieren, ist es das Ziel des Unternehmers, das gesamte Unternehmen weiterzuentwickeln und die übergeordneten Unternehmensziele festzulegen. Derzeit übernehme ich noch alle drei Rollen. Mein Ziel ist es aber, künftig nur noch Zahnarzt und Unternehmer zu sein.
Wie wichtig ist Ihres Erachtens betriebswirtschaftliches Know-how von Zahnärzten allgemein?
Dr. Klewer: Das wird immer wichtiger, denn in jeder Praxis gibt es Verbesserungspotential. Zahnärzte tendieren dazu, sich fachlich weiterzubilden und damit die zahnärztliche Seite weiterzuentwickeln. Alle anderen Bereiche bleiben meist außen vor. Meines Erachtens ist es aber wichtig, mit externen Beratern zusammenzuarbeiten, die eine fundierte betriebswirtschaftliche Beratung leisten - und das ist heutzutage nicht der Steuerberater wie viele Zahnärzte glauben.
Der Zahnarzt braucht betriebswirtschaftliches Know-how, aber auch dieses sollte - ähnlich wie bei den Praxismitarbeitern - so übersetzt sein, dass er es verstehen und umsetzen kann, d.h. er braucht konkrete Lösungsansätze und Handlungsanweisungen. Einem Zahnarzt nur Gewinn- und Umsatzzahlen vorzulegen und ihn darauf hinzuweisen, dass er diese erhöhen muss, würde an dieser Stelle zu kurz greifen.
Selbst große Konzerne ziehen in bestimmten Bereichen externe Berater hinzu und das, obwohl sie groß sind. Wenn nun ein Zahnarzt versucht, Dinge intern zu lösen, kann das gar nicht funktionieren, denn er hat gar nicht die zeitlichen Ressourcen, außerdem ist er in betriebswirtschaftlichen Belangen nicht vom Fach.
Vor welchen besonderen Herausforderungen stehen Zahnärzte im Bereich des Praxismanagements?
Dr. Klewer: Für jeden Zahnarzt schwer zu verstehen ist z.B. der Unterschied zwischen Gewinn und Liquidität. Die Praxis wächst, man ist erfolgreich und hat einen tollen Gewinn, aber keine Liquidität. Man versteht überhaupt nicht wie man bei mehr Erfolg weniger Geld haben kann. Für viele Zahnärzte ist dies schwierig nachzuvollziehen, da sie nicht über die erforderlichen wirtschaftlichen Kenntnisse verfügen.
Darüber hinaus ist der Umfang an Tätigkeiten, die ein Zahnarzt heute abdecken sollte, nahezu explodiert. Es gibt mittlerweile so viele Bereiche, die man als Zahnmediziner beherrschen sollte, wie z.B. Arbeitsrecht, Steuerrecht, KZV, Krankenkassen, etc.. Zusätzlich hat sich der technische Entwicklungsfortschritt in der Zahnmedizin stark intensiviert. Der Umfang dessen, was man über die normale Zahnheilkunde hinaus tatsächlich können sollte, ist sehr viel größer geworden und von einer einzelnen Person kaum zu bewältigen. Aus diesem Grund wird das Praxismanagement von vielen Zahnärzten kaum beachtet, weil sie sich auf die Zahnmedizin konzentrieren. Dadurch sind natürlich mittlerweile große Defizite in betriebswirtschaftlichen Belangen entstanden.
Als Anwender von W&H Produkten stehen Sie mit dem Hersteller nicht nur im medizinisch fachlichen Austausch. Auch im Bereich des Prozess- und Organisations-Know-hows von W&H stehen Sie in engem Kontakt mit den Mitarbeitern. Wie beurteilen Sie die Organisation von W&H als Unternehmer?
Dr. Klewer: Ich bin von den effizienten Strukturen und Abläufen bei W&H sehr beeindruckt. Die Mitarbeiter sind sehr offen und gewähren mir sehr gute Einblicke. Besonders interessant für mich ist der Aspekt der Teamorganisation. Mehr Eigenverantwortung und Entscheidungsbefugnisse auf die einzelnen Mitarbeiter zu übertragen und damit die Wertschätzung zu steigern, finde ich großartig.
Ähnlich wie bei W&H haben auch wir in unseren Praxen bereits Teams eingeführt. Diese tragen z.B. Eigenverantwortung für ihren Urlaub, für Bestellungen, etc. und machen Verbesserungsvorschläge für die täglichen Arbeitsabläufe. Unsere Teams verfügen derzeit aber noch über eine Teamleitung, d.h. wir haben immer noch Hierarchien. Bei W&H gibt es diese Hierarchien nicht, die Teams organisieren sich völlig selbständig.
Mein Ziel ist es, die Funktion der Teamleitung künftig abzuschaffen. Generell möchte ich die Unterscheidung in „Zahnarzt“ und „Mitarbeiter“ auflösen. Stattdessen soll eine Unterscheidung der gesamten Belegschaft entsprechend ihrer Qualifikation in den einzelnen Fachbereichen eingeführt werden. Die Mitarbeiter sollen zudem noch mehr Entscheidungsbefugnisse bekommen, denn mehr Eigenverantwortung und Know-how in einem Team führt letztendlich zu einem qualitativ besseren Arbeitsergebnis.
Derzeit bin ich noch bemüht, die Organisationsprinzipien von W&H in unseren Praxen umzusetzen. Wir bauen derzeit unsere Strukturen stark um, was natürlich keine leichte Aufgabe ist.
Welche Organisationsgrundsätze der modernen W&H Tagesportionsproduktion sind für Sie als Leiter mehrerer Zahnarztpraxen von besonderem Interesse? Wo sehen Sie konkrete Lösungsansätze für Ihren Zahnarztpraxen?
Dr. Klewer: Ich bin davon überzeugt, dass man fast alles auf unsere Zahnarztpraxen übertragen kann. Der Begriff der „Tagesportion“ hört sich für eine Zahnarztpraxis zuerst einmal sehr merkwürdig an. Wenn man aber überlegt, welchen Aufwand W&H betrieben hat, um die Tagesportionierung einzuführen, wie intensiv das Unternehmen mit seinen Arbeitsabläufen und Prozessen umgehen musste, um Tagesportionen sicherzustellen, dann ist für mich klar, dass ein Transfer der Organisationsprinzipien auch für uns möglich ist, auch wenn dieser nicht gleich offensichtlich erscheint.
Eine Tagesportion ist nur bei ausgefeilter Struktur möglich. Bei uns ist das bereits ein ganz großes Thema, es heißt nur nicht so, weil wir unser Produkt - also sprich unsere Patienten - nicht immer innerhalb eines Tages fertig behandeln können, aber auch da arbeite ich daran. Um der Tagesportion nahe zu kommen, haben wir beispielsweise spezielle Tray-Systeme für die Behandlungsvorbereitung eingeführt. Diese sind bei uns farbcodiert und werden mit Listen und Fotos vorbereitet, sodass für jede Behandlung ein Tray bereitsteht. Damit kann ich nun ganz einfach sagen „Ich möchte die Behandlung X durchführen und brauche dazu das rote Tray“ und jeder Mitarbeiter ist ganz einfach in der Lage, das rote Tray zu bringen, d.h. an dieser Stelle brauche ich auch keine spezielle Qualifikation. Darüber hinaus ist mein Behandlungszimmer immer in der besten Qualität vorbereitet, weil die verschiedenen Trays standardmäßig immer in derselben Art und Weise ausgestattet sind.
Der Einsatz des Tray-Systems bedeutet aber vor allem, dass ich mehr Zeit für meine Behandlung habe, da ich keine Instrumente oder ähnliches suchen muss. Nachdem die Trays, die wir entwickelt haben, immer gleich sind und die Behandlungsschritte logischerweise auf diese abgestimmt sind, kann ich wesentlich effizienter am Patienten arbeiten. Da ich mir bereits im Vorfeld Gedanken zur Behandlung gemacht habe, habe ich mehr Zeit für den Patienten.
Welche Prozesse/Abläufe, etc. können damit optimiert werden?
Dr. Klewer: Da wir uns bislang noch im Umstellungsprozess befinden, kann ich nur vermuten, welches Potential in der vollständigen Übertragung der Tagesportionsprinzipien verborgen liegt. Wenn ich mir W&H anschaue, so denke ich, dass das Arbeiten im Unternehmen heute viel angenehmer und strukturierter ist. Man kann mehr selbst entscheiden, man arbeitet selbständig, d.h. es gibt bei W&H viele Facetten, die den Arbeitstag interessanter machen.
Die Umstrukturierung bedeutet natürlich eine extreme Herausforderung für alle Beteiligten, denn wir müssen diese im laufenden Praxisbetrieb bewerkstelligen. Das bedingt natürlich auch, dass zwei Systeme gleichzeitig gefahren werden, was manchmal für die Mitarbeiter nicht einfach ist.
Kürzlich habe ich eine vierte Praxis in Stollberg Zentrum (Großraum Aachen) eröffnet, die mit einer Fläche von 735 m² entsprechend groß ist, um das Konzept des Tagesportionsprozesses von Beginn an vollumfänglich realisieren zu können, ohne dabei zwei Systeme fahren zu müssen. Letztendlich war die Idee, dass im Tagesportionsprozess noch sehr viel Potential steckt, Anlass für die Eröffnung der großen Praxis. Damit habe ich nun die Möglichkeit, alles umzusetzen, was bisher nur in Teilschritten realisiert wurde. In der neuen Praxis in Stollberg Zentrum konnte ich die Zimmer und die Trays kodieren, hier konnte ich aber auch den Weg des Patienten durch die Praxis genau festlegen, die einzelnen Stationen und Abläufe definieren, und exakt festlegen, wer welchen Arbeitsschritt am Patienten durchführt. Ziel ist es, die Behandlung am Patienten in einem Durchlauf abzuschließen.
Welche unternehmerischen Ziele verfolgen Sie für die Zukunft?
Dr. Klewer: Durch die Wiederholprozesse, die in den Hintergrund verlagert werden, habe ich als Zahnmediziner mehr Zeit für den Patienten und kann besser auf seine Bedürfnisse eingehen. Dank der standardisierten Abläufe profitiert der Patient nicht nur von einer optimierten Produktqualität, sondern auch von einer raschen Fehleridentifizierung. D.h. Probleme können in der Praxis frühzeitig erkannt und behoben werden.
Durch die neuen Abläufe bin ich zudem viel motivierter. Wenn ich meine Arbeit mache und weiß, dass sie mir gelingt, gehe ich natürlich mit viel mehr Freude an meine Aufgaben heran. Früher arbeitete ich als Zahnarzt an einer Problemlösung, heute führe ich meine Behandlung nach einem bestimmten Schema durch. Dabei habe ich die Sicherheit, dass es funktioniert und ich habe weniger Stress.
Als Unternehmer möchte ich meine Zahnarztpraxen klar aufbauen und erweitern. Ziel ist es, sie so solide aufzustellen, dass sie für andere interessant werden, d.h. dass andere sie kaufen würden. Das sehe ich als unternehmerisch. Denn wenn mein Unternehmen so interessant ist, dass andere es haben wollen, dann habe ich alles richtig gemacht.
Vielen Dank für das freundliche Gespräch!
Praxisbeispiele (Fotos)
Vorbereitung eines Endo-Trays. Anhand eines Fotos wird das Tray bestückt. Der Behandlungsablauf wurde soweit optimiert, dass heute alle Behandler mit den Trays arbeiten. Jeder Mitarbeiter kann somit auf einfache Weise für alle behandelnden Zahnärzte die Vorbereitung durchführen – und das gemäß den Anforderungen.
Bildvorlagen, die bei Bedarf schnell angepasst werden können, wenn sich die Behandlungskette an irgend einer Stelle ändert. Eine zeitaufwändige Einschulung der Mitarbeiter entfällt, da Neuerungen durch die Bildvorgaben sofort umgesetzt werden können (z.B. auch nach einem längerem Urlaub).
Sobald die Behandlung ansteht, wird das Zimmer mit dem passenden Tray vorbereitet. Das „Rüsten“ findet außerhalb der Behandlungszeit statt und kann somit stressfrei durchgeführt werden.
Das PZR-Tray für die Zahnreinigung wird ins Behandlungszimmer gebracht.
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