Mehr Arthritis, mehr Parodontitis…?
PD Dr. Kristina Bertl, PhD MSc MBA
Rheumatoide Arthritis ist eine chronisch entzündliche Autoimmunerkrankung, die vor allem die peripheren Gelenke betrifft. Rheumatoide Arthritis betrifft ca. 0,4 bis 0,9 % der europäischen Bevölkerung und tritt häufiger bei Frauen auf. Kommt es zu keiner adäquaten Behandlung, kommt es in den betroffenen Gelenken zur Zerstörung des Knorpel- und Knochengewebes. Jedoch hat sich aufgrund neuer Behandlungsmethoden und neuer Medikamente die Prognose bei den Betroffenen deutlich verbessert.
Rheumatoide Arthritis kann zu einer eingeschränkten Beweglichkeit sowie zu einer Verminderung der Geschicklichkeit bei den Fingern führen, was wiederum die Mundhygienefähigkeit beeinträchtigen kann. Jedoch auch abseits dieser eher rein mechanischen Einschränkung scheint ein Zusammenhang zwischen Parodontitis und Rheumatoider Arthritis zu bestehen. Es wurden Zusammenhänge zwischen den zwei Erkrankungen beschrieben, basierend auf gemeinsamen Risikofaktoren (z. B. Rauchen), genetischen Risikofaktoren, Gemeinsamkeiten im Entzündungsgeschehen und durch negative Einflüsse durch parodontopathogene Keime. Eine kürzlich publizierte Studie aus Norwegen hat einen weiteren, sehr interessanten Aspekt aufgezeigt (Bolstad et al., 2023). Ziel dieser Studie war es zu untersuchen, ob bei PatientInnen mit rheumatoider Arthritis ein höheres Risiko für Parodontitis besteht und ob dieses Risiko durch die Krankheitsaktivität der rheumatoiden Arthritis beeinflusst wird.
Anhand des norwegischen Patientenregisters wurden über 320.000 PatientInnen in diese Studie inkludiert, von denen mehr als 33.000 mit rheumatoider Arthritis diagnostiziert waren; des Weiteren hatten mehr als 52.000 PatientInnen Parodontitis. Im Rahmen der Auswertung wurde auch berücksichtigt, wie häufig jene PatientInnen mit rheumatoider Arthritis innerhalb von 7 Jahren eine Behandlung aufgrund rheumatoider Arthritis erhielten. Die Ergebnisse zeigten folgende Erkenntnisse:
- PatientInnen mit rheumatoider Arthritis haben im Vergleich zu Personen ohne rheumatoide Arthritis ein signifikant höheres Risiko, auch an Parodontitis zu leiden.
- Dieses Risiko erhöht sich von ca. 13 auf fast 50 % wenn die PatientInnen häufig eine Behandlung für die rheumatoider Arthritis brauchen (≥ 10 Besuche innerhalb von 7 Jahren).
- Interessanterweise war das Risiko für Parodontitis bei neu diagnostizierten rheumatoiden Arthritis-PatientInnen noch höher.
Was lässt sich aus dieser Studie für die Praxis schlussfolgern? Einerseits ist es eine interessante Information für HausärztInnen und es ist wichtig, PatientInnen mit rheumatoider Arthritis über den möglichen Zusammenhang aufzuklären und zur Kontrolle in die zahnärztliche Ordination zu schicken. Andererseits liegt es auch genauso in unserer Verantwortung, betroffene PatientInnen aufzuklären und so gut wie möglich aus zahnärztlicher Sicht zu unterstützen und dem Auftreten von parodontalen Erkrankungen vorzubeugen!
Referenz
- Bolstad, A. I., Fevang, B.-T., & Lie, S. A. (2023). Increased risk of periodontitis in patients with rheumatoid arthritis: A nationwide register study in Norway. Journal of Clinical Periodontology, 50(8), 1022–1032. https:// doi.org/10.1111/jcpe.13826
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