Parodontitis beeinträchtigt auch unseren Geschmacks- & Geruchssinn!
PD Dr. Kristina Bertl, PhD MSc MBA
Man schätzt, dass ungefähr 20 % der Bevölkerung einen beeinträchtigten Geschmackssinn haben und ungefähr 23 % einen beeinträchtigen Geruchssinn; beides tritt im höheren Alter und vor allem nach dem 60. Lebensjahr häufiger auf. Abgesehen von der negativen Beeinflussung der Lebensqualität kann ein gestörter Geschmacks- und Geruchssinn auch einen negativen Einfluss auf die allgemeine Gesundheit haben. So wird beispielsweise beim Kochen mehr Salz und/oder Zucker verwendet, was wiederum Bluthochdruck und/oder Diabetes negativ beeinflussen könnte.
Es wird in der Literatur diskutiert, dass orale Erkrankungen wie eine Parodontitis zu einem beeinträchtigen Geschmacks- und Geruchssinn beitragen können. Hier werden primär 3 Mechanismen diskutiert:
- Erhöhte Apoptoserate der Geschmackszellen der Zunge durch den konstant hohen Spiegel an Entzündungsfaktoren.
- Erhöhte Ablagerung von Biofilm auf der Zunge und somit eine physische Barriere zwischen den Geschmackszellen der Zunge und den Geschmacksmolekülen.
- Geruchsstörung durch vermehrte Freisetzung von bakteriellen organischen Verbindungen (z. B. Fäulnisprodukte).
Eine Forschungsgruppe aus Dänemark und den USA (Cassiano et al. 2023) hat dieses Thema aufgegriffen und mehr als 1.200 TeilnehmerInnen zum Vorliegen einer Parodontitis, Mundgeruch und deren Beurteilung des Geschmacks- und Geruchssinns befragt. Es zeigten sich im Rahmen dieser Studie folgende interessante Ergebnisse:
- Ca. 31 % der TeilnehmerInnen waren an Parodontitis erkrankt.
- Von jenen TeilnehmerInnen mit Parodontitis lag die durchschnittliche Qualität des Atems bei 42 (beurteilt auf einer Skala von 0 = kein Mundgeruch bis zu 100 = extremer Mundgeruch).
- Die Rate an TeilnehmerInnen, die angaben, einen beeinträchtigten Geschmacks- und Geruchssinn zu haben, war bei jenen mit Parodontitis ca. 12 % höher, das heißt statt 26 % ungefähr 38 % der TeilnehmerInnen.
- Wenn andere Faktoren, die einen Einfluss auf den Geschmacks- und Geruchssinn haben könnten (z. B. Rauchen, Covid-19 Infektion, etc.), in der statistischen Auswertung berücksichtigt wurden, zeigte sich nach wie vor eine signifikant höhere Chance für TeilnehmerInnen mit Parodontitis einen beeinträchtigten Geschmacks- und Geruchssinn zu haben.
Basierend auf diesen Ergebnissen, zeigte sich somit, dass Parodontitis signifikant das Risiko für einen beeinträchtigten Geschmacks- und Geruchssinn erhöht. Man muss natürlich gewisse Schwächen dieser Studie berücksichtigen, wie beispielsweise, dass es sich um eine Fragebogenstudie handelte, aber trotzdem wirft diese Studie einen interessanten Aspekt und weitere negative Begleiterscheinungen einer Parodontitis auf. Es ist mit Sicherheit interessant zu sehen, ob zukünftige Studien diese Ergebnisse bestätigen können und wenn ja, ob eine erfolgreiche parodontale Therapie diesen negativen Effekt auf den Geschmacks- und Geruchssinn wieder umkehren kann.
Referenz
- Cassiano LS, Ribeiro AP, Peres MA, Lopez R, Fjaeldstad A, Marchini L, Nascimento GG. Self-reported periodontitis association with impaired smell and taste: A multicenter survey (2023) Oral Dis, doi: 10.1111/odi.14601.
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