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Einfach mal nur mit Mundhygiene loslegen …?
PD Dr. Kristina Bertl, PhD MSc MBA
Jeder, der in der Prophylaxe tätig ist, weiß um den hohen Stellenwert der häuslichen Mundhygiene Bescheid, vor allem, wenn wir auf lange Sicht ParodontitispatientInnen erfolgreich therapieren möchten!
Im Laufe der Jahre hat sich der Zeitpunkt wann und wie wir unsere PatientInnen in häuslicher Mundhygiene instruieren etwas gewandelt. Wurde in den 70-/80-er Jahren noch oft eine sehr ausgedehnte Mundhygienephase vor der eigentlichen nicht-chirurgischen Therapie durchgeführt, änderte sich das im Laufe der Zeit mehr und mehr in einen parallelen Ablauf – supra- und subgingivale Reinigung und mit zeitgleicher Instruktion des/der Patienten/Patientin in der häuslichen Mundhygiene.
Eine sehr aktuelle Studie aus Norwegen hat dieses „alte“ Thema wieder aufgegriffen und wollte sich den Effekt durch alleinige intensive Mundhygieneinstruktionen noch einmal genauer anschauen (Preus 2020). Sie haben 44 ParodontitispatientInnen in 2 Gruppen zu je 22 PatientInnen aufgeteilt:
- Kontrollgruppe: In der Kontrollgruppe wurde nach der ersten Untersuchung für 3 Monate keine Behandlung und keine Mundhygieneinstruktion durchgeführt; nach 3 Monaten wurde ein zweiter Parodontalstatus erhoben.
- Testgruppe: In der Testgruppe erhielten die PatientInnen nach der ersten Untersuchung detaillierte und vor allem individuell angepasste Informationen für eine optimierte häusliche Mundhygiene in mündlicher und schriftlicher Form; eine supragingivale Zahnsteinentfernung erfolgte nur an jenen Stellen, in denen Zahnstein die Interdentalraumreinigung verhinderte. Nach 3 Monaten wurde ein zweiter Parodontalstatus erhoben.
Während es nach den 3 Monaten in der Kontrollgruppe zu keiner relevanten Veränderung des Parodontalstatus kam, zeigte sich in der Testgruppe wie hoch der Stellenwert der häuslichen Mundhygiene anzusetzen ist! In der Testgruppe nahmen sämtliche erhobenen Parodontalparameter (Plaque, Blutung, Sondierungstiefe) statistisch und klinisch signifikant ab. Im Detail zeigten sich folgende Verbesserungen:
- Die Plaquewerte nahmen im Schnitt um 30 % ab, bei vereinzelten PatientInnen bis zu 80 %! Der Durchschnittswert lag nach den 3 Monaten bei lediglich 5 % Plaque-positiven Stellen.
- Blutung auf Sondieren sank ebenfalls um rund 30 % ab und der Durchschnittswert lag nach den 3 Monaten bei lediglich rund 11 % Blutungs-positiven Stellen.
- Die durchschnittliche Sondierungstiefe sank von 4,4 mm auf 2,8 mm ab sowie der Anteil an erhöhten Sondierungstiefen sank in allen Gruppen deutlich ab; die durchschnittliche Anzahl an Stellen pro PatientIn mit einer …
o Sondierungstiefe ≥ 4 mm nahm von 52,2 auf 19,1 Stellen ab
o Sondierungstiefe ≥ 5 mm nahm von 44,6 auf 9,5 Stellen ab
o Sondierungstiefe ≥ 6 mm nahm von 30,9 auf 3,0 Stellen ab
o Sondierungstiefe ≥ 7 mm nahm von 15,6 auf 0,9 Stellen ab
Oder anders ausgedrückt: Zu Beginn der Studie wiesen die PatientInnen der Testgruppe insgesamt 680 Stellen mit einer Sondierungstiefe ≥ 6 mm auf. Nach 3 Monaten intensiver häuslicher Mundhygiene verblieben nur noch 67 Stellen mit einer Sondierungstiefe ≥ 6 mm!
Als Einschränkung der Studie ist zu erwähnen, dass die Testgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe trotz Randomisierung einen statistisch signifikant geringeren Schweregrad an parodontaler Erkrankung aufwies. Nichtsdestotrotz zeigt diese Studie sehr eindrucksvoll, wie groß der positive Effekt durch eine optimierte und individuell angepasste häusliche Mundygiene sein kann! Das soll nun natürlich auf keinen Fall bedeuten, dass man ParodontitispatientInnen nur mit Mundhygieneinstruktion alleine therapieren könne – die anschließende nicht-chirurgische supra- und subgingivale Reinigung ist ebenso unerlässlich! Aber es soll uns und vor allem auch unsere PatientInnen motivieren, dass die Therapie der Parodontitis ein Teamwork ist!
Referenz
- Preus HR, AL‐Lami Q, Baelum V. Oral hygiene revisited. The clinical effect of a prolonged oral hygiene phase prior to periodontal therapy in periodontitis patients. A randomized clinical study. J Clin Periodontol. 2020;47:36–42. https://doi.org/10.1111/jcpe.13207
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