Pionierin beim Medizintechnikpionier
Eiskunstläuferin, das hatte Karin Schneider ursprünglich im Kopf. Der nahe gelegene See diente dabei ganz klar als Übungsstätte. Dort habe man dann „so aller Hand ausprobiert“. Die Eislaufschuhe hat sie an den Nagel gehängt, aber ihre mutige und furchtlose Art ist auch heute noch ein treuer Begleiter. Sie scheut sich nicht vor Herausforderungen und freut sich darüber, „Pionierin“ zu sein. Ob als erster weiblicher Zerspanungstechnik-Lehrling oder nun im Bereich Engineering – sie konnte und kann sich behaupten.
Als sich Karin Gedanken zu ihrem beruflichen Start machte, visierte sie zunächst eine Lehre zur Goldschmiedin an. Da dieses Feld nicht wirklich breit aufgestellt war, sie aber etwas mit Technik oder Mechanik machen wollte, empfahlen ihr ihre Eltern W&H als Ausbildungsbetrieb.
Schnell stand fest: Die Lehre zur Feinmechanikerin (heute Bereich Zerspanungstechnik), das wirds. Zusätzlich war es damals während dieser Lehre so üblich, auch in der Montage zu arbeiten. Also die Produkte zusammenzubauen, sie zu löten und vieles mehr. Gegen Lehrende kam das junge Talent in die Werkzeugschleiferei.
Mit der ISO-Norm 9001 Einführung zur Prüfmittelüberwachung 1993 änderte sich nicht nur für W&H etwas, sondern später auch für Karin. Daraufhin fragte man die gerade erst mit der Lehre abgeschlossene junge Frau, ob sie nicht auch Interesse an dem Bereich der Prüfmittelüberwachung hätte. Alles rund um's Qualitätsmanagement wurde immer wichtiger, worauf hin man intern anfing, Posten zu besetzen, die sich zentral damit befassten. Auch hier war Karin eine wichtige Unterstützung und bei den Ersten dabei. Der Grundstein für ihre spätere Laufbahn im Quality Engineering (QE) wurde gelegt. Das technische Wissen und das umfangreiche Know-how kann Karin keiner nehmen. In ihrem Team kommt ihr der Rundumblick in jeglicher Weise zugute.
1. Frau bei W&H die die Lehre zur Feinmechanikerin abschließt
„Das mir das Technische liegt und ich es mag, habe ich schon gewusst, weil mein Papa KfZ-Mechaniker ist. Wenn er zu Hause gewerkelt hat, habe ich da oft mitgeholfen“, erklärt Karin die Leidenschaft fürs Technische. Es traf sich also sehr gut, dass auch in der Schule Mathematik zu ihren Lieblingsfächern zählte. Die Berufswahl war daher ein Leichtes für sie. In einem Bereich, der vor allem zu Karins Lehrzeit männerdominiert war, nicht immer einfach. Durchhaltevermögen mache sich laut Karin immer bezahlt. Zusätzlich kann sie den Vergleich von früher zu heute ziehen: „Jetzt ist das nicht mehr so, aber während der Lehre habe ich damals schon noch einen Unterschied gemerkt. Ich war das erste Mädchen, das durchgezogen hat. Vor mir gab es einfach keine Frau, die die Lehre fertiggemacht hat. Natürlich bist du dann überall das einzige Mädchen.“ Was das damals zur Konsequenz hatte, können sich viele heute gar nicht vorstellen.
Zu Beginn sah es sogar zwischenzeitlich so aus, als hätte Karin keine Chance auf einen Internatsplatz, schlicht, weil sie auch in der Berufsschule die Einzige war. Eine Zwischenlösung ermöglichte, ihre Wunschausbildung und Berufsschule zu machen: „Hätten rundherum nicht so viele mitgeholfen, wäre das extrem schwierig gewesen. Aber wir haben das gut gelöst.“ Neben den logistischen und organisatorischen Schwierigkeiten kam auch ein weiterer Aspekt hinzu: „Zu der Zeit musstest du schon immer um ein Ticken besser sein als die Jungs“, ergänzt Karin, als sie sich zurückerinnert. In gewisser Weise habe sie das sicher geprägt. Vor allem zum Guten. Man lernt damit Durchsetzungsfähigkeit, Feedback besser einzuordnen und auch Geradlinigkeit. Durch ihre lange Zugehörigkeit weiß Karin: Was früher eine Seltenheit war, ist mittlerweile Standard. Wie so oft in der Geschichte braucht es manchmal jemanden, der Pionierarbeit leistet.
Ohne Qualität – ohne mich
Karin machte ziemlich zeitgleich den Werkzeugmeister und kurz darauf die Ausbildung zur Qualitätsmanagerin. Eine sehr anspruchsvolle Zeit beginnt damit für sie. Aus jeweils vier Einzelwochen mit verschiedenen Themen zur Qualität, die extern geschult wurden, zog Karin die wichtigsten Kenntnisse und war somit für die vier Tage Prüfung bestens gewappnet.
In ihrer jetzigen Tätigkeit beschreibt Karin ihre Funktion so: „Man begleitet die Entwicklungsprojekte und hilft dort mit, diese ganzen notwendigen Steps zu gehen und Vorarbeiten zu leisten, damit das Produkt dann in Serie gehen kann. Alle notwendigen Dokumente und Prüfungen, Validierungen und alles muss also so weit vorbereitet sein, dass man das Go für die Serienproduktion des Produkts geben kann. Final heißt das, wir sind anforderungstechnisch konform.“ Damit die Qualität immer stimmt, muss in einem Bereich, der so komplex ist wie die Medizintechnik, genau hierauf der Fokus gelegt werden: „QM ist Überzeugung.“ Grob gesagt: „Wir können so viel und so gut entwickeln, wie wir wollen, aber wenn das „Zettelwerk“, wie man so schön sagt nicht passt, bringt das nichts. Diese Arbeit ist extrem wichtig. Denn von allen Anforderungen, die es gibt, macht ein hoher Prozentsatz total Sinn. Und dann muss ich schauen, wie wir diese in der Firma umsetzen können. Das für W&H zu schaffen, auch wenn es mal schwierig ist – das ist die Motivation.“
Quickshots:
Dein Beruf in drei Worten?
Technisch, zukunftsorientiert, „Kindermädchen für alles“ 😉
Warum Medizintechnik?
Das hat sich in meinem Fall ergeben. Aber aus heutiger Sicht definitiv, weil ich so meinem Interesse an der Technik nachkommen kann und daran beteiligt bin, dass sichere Produkte produziert werden, die den Menschen helfen.
Dein Tipp für zukünftige Kolleg:innen?
Einen langen Atem haben 😉.