Lebenslange unterstützende Parodontaltherapie? Unbedingt!
PD Dr. Kristina Bertl, PhD MSc MBA
Wir alle kennen die Gesichter unserer PatientInnen, wenn wir Ihnen erklären, dass sie an Parodontitis leiden und deswegen nun eine lebenslange (!) Therapie benötigen werden. Und wir alle wissen natürlich auch, wie schwer es ist, unsere PatientInnen über viele Jahre hinweg zu motivieren. Doch wie wichtig ist diese lebenslange unterstützende Parodontaltherapie? Ist sie wirklich notwendig, um den Parodontalstatus stabil zu halten?
Eine Forschergruppe aus Brasilien & Holland (Bittencourt et al. 2022) hat sich mit genau dieser Frage beschäftigt und kürzlich eine sehr interessante Studie publiziert. Basierend auf einer vorhergehenden Studie wurden 57 PatientInnen kontaktiert, die vor mindestens 3 Jahren ihre ersten 2 Jahre unterstützende Parodontaltherapie abgeschlossen hatten. Nach diesen 2 Jahren erhielten alle PatientInnen detaillierte Infos zu ihrer parodontalen Gesundheit und zur Notwendigkeit weiterer Therapie. Von diesen 57 PatientInnen konnten 27 PatientInnen neu einbestellt und untersucht werden; durchschnittlich waren bei diesen 27 PatientInnen ungefähr 4 Jahre seit dem letzten Besuch vergangen. Folgende Ergebnisse zeigte die erneute Untersuchung:
- Nur ein Drittel der PatientInnen folgte dem Rat der ZahnärztInnen und setzte mit einer unterstützenden Parodontaltherapie entweder in der gleichen Klinik oder in einer anderen Klinik fort. Alle anderen PatientInnen erhielten keine regelmäßige unterstützende Parodontaltherapie.
- Der klinische Status zeigte, dass Blutungs- und Entzündungswerte sowie Sondierungstiefen wieder auf dem Niveau vor Beginn der aktiven Parodontaltherapie waren!
- Auch die Anzahl an Sondierungstiefen mit ≥ 5 mm war wieder vergleichbar mit den Werten vor Beginn der aktiven Parodontaltherapie. Hier war beispielsweise der Prozentsatz vor der aktiven Parodontaltherapie bei 14 %, nach der aktiven Parodontaltherapie bei 2 %, nach 2 Jahren regelmäßiger unterstützender Parodontaltherapie auch bei 2 %, aber nach rund 4 Jahren Selbstverantwortlichkeit lag der Prozentsatz wieder bei 10%.
Kurzum Selbstverantwortlichkeit scheint bei ParodontitispatientInnen leider nicht sehr gut zu funktionieren! Deswegen sollten wir uns auf jeden Fall bemühen, ein Ordinationskonzept zu etablieren, bei dem die PatientInnen wirklich regelmäßig angerufen und einbestellt werden!
Diese Studie basiert natürlich auf einer sehr kleinen Fallzahl und die Ergebnisse sind daher mit Vorsicht zu betrachten. Nichtsdestotrotz spiegeln diese Ergebnisse doch sehr schön wider, was wir aus unserem Klinikalltag kennen: Wenn PatientInnen im Verlauf der unterstützenden Parodontaltherapie die Motivation, regelmäßig zu den empfohlenen Terminen zu kommen, verlieren, geht es leider mit dem Parodontalstatus sehr oft doch deutlich bergab!
Referenz
- Liana F. Bittencourt, Patricia D. M. Angst, Rui V. Oppermann, Ubele van der Velden, Sabrina C. Gomes. At least 3 years of self‐responsibility for periodontal care after 2 years of supportive periodontal therapy. Clinical Oral Investigations (2022) 26:4987–4994.
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